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Nachruf von Klaus Büstrin
Potsdam, Dezember 2017

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Zum fantasievollen Schauen angeregt
Die Potsdamer Künstlerin Squaw Hildegard Rose ist verstorben

Das größtenteils geschlossene Werk der Malerin Squaw Hildegard Rose ist nunmehr abgeschlossen. Sie wird nicht mehr in ihrem Atelier mit dem traumhaften Blick auf den Jungfernsee an diesem oder jenem Bild malen. Der Arbeitstisch mit den verschiedenen Utensilien eines Künstlers wirkt zwar so, als ob sie nur für kurze Zeit das Atelier verlassen hat, um sich dann wieder dem Bild auf der Staffelei zuzuwenden. Doch sie kehrt nicht mehr zurück. Squaw Hildegard Rose ist am 10. November 2017 nach langer schwerer Krankheit in einer Potsdamer Klinik verstorben. Anfang November wurde sie 75 Jahre alt.

Die Künstlerin hinterlässt ein Werk, das sich in Landschaften unserer Existenz abspielt, doch ohne konkrete Darstellung des Erfahrenen. In seiner Sinnbildhaftigkeit steht es in tieferem Sinn für zeitlose Themen. Man pflegt Künstler heute zu befragen, um authentische Äußerungen zu besitzen, mit denen eigene Betrachtung gelenkt werden können. Squaw Hildegard Rose hat sich nicht darauf eingelassen, sie hat ihren Bildern keine Titel gegeben. Es gab auch kaum Erklärungen oder Hinweise auf Zusammenhänge ihr Bedürfnis im Bild festzuhalten. Was nur für kurze Zeit die Natur zu sehen erlaubt, entdeckte sie im weiten Kosmos der freien Malerei und malte abstrakt.

In den vergangenen Jahren hat die Künstlerin die Farbe Blau bevorzugt. Man hat den Eindruck, dass das Zusammenspiel zwischen Himmel und Wasser inspirierend auf sie wirkte, schließlich hat sie die Schönheit der weiten Seenlandschaft vor der Haustür immer wieder berührt. Dabei war ihr wichtig, dass alles fließend und beweglich dargestellt wird, Starrheit war nicht ihre Sache. Aber solcherart Beobachtung liegt ganz in der Betrachtungsweise des Rezipienten. Gern hat sie experimentiert.
Auch mit alten Röntgenbildern. Mit ihnen entstanden Farbräume in Schichtungen, Übermalungen und Überschneidungen mit kontemplativer Wirkung.
In den vergangenen Jahren konnte man beobachten, dass ihre Bilder immer dunkler wurden. Es schien, dass ihr aktuelles Lebensgefühl die bedrohliche Krankheit in ihre Kunst fand.

Die in Kiel Geborene studierte Grafik und Malerei zunächst an der Muthesius-Werkkunstschule in Kiel, dann an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Auf einem Fest lernte sie ihren späteren Mann, den Juristen Hans-Joachim Rose, kennen. Dass sie den Bei- oder Künstlernamen Squaw sich gab, war das Ergebnis einer eher lockeren Faschingsfeier. Die Roses zogen 1963 nach Berlin Zehlendorf. Dort eröffnete Hans-Joachim Rose eine Anwaltskanzlei. In Berlin wurden auch die beiden Söhne geboren. Nach der politischen Wende zog das Ehepaar nach Potsdam. Hier am Jungfernsee und in der Stadt fühlten sie sich sofort heimisch. Mitte der neunziger Jahre machte sie sich in die ehemaligen Russenkasernen auf, um mit Hinterlassenschaften der Soldaten Bild-Collagen anzufertigen. Es berührte sie die Heimatlosigkeit und oftmals Einsamkeit der jungen Männer, die in der Fremde ihren Dienst tun mussten. Die Collagen waren auch in Galerien zu betrachten. Überhaupt war sie bald nach ihrer Potsdamer Ankunft mit ihren Kunstwerken in Potsdamer Galerien vertreten. Und sie vermochte es stets, das »fantasievolle Schauen« von Betrachtern anzuregen. Der wird in ihren Bildern die »unendliche Vielfalt spüren, die unglaubliche Anziehungskraft und Tiefe« (Hans-Jörg Schirmbeck) spüren.

In der Galerie Larsson in Köln ist derzeit eine Exposition mit Werken der Potsdamer Künstlerin zu sehen. Nun ist aus ihr eine Gedenk-Ausstellung geworden.

 

 

Squaw Hildegard Rose: Bilder 2001 – 2007

herausgegeben vom Potsdamer Kunstverein e. V.
Potsdam 2007

28 x 20 cm, Hardcover, 49 Seiten, Gestaltung: Peter Rogge
mit zahlreichen farbigen Abbildungen
Texten von Hans-Jörg Schirmbeck und Dr. Gernot L. Thiele, Biografie, Ausstellungsverzeichnis, Bibliografie

ISBN 978-3-931640-64-4

Bezug: Potsdamer Kunstverein e. V.

Texte aus dem nebenstehenden Buch, erschienen zur Ausstellung

im Kunstraum Potsdam, 14. Januar bis 17. Februar 2008

 

Gernot L. Thiele
Bilder und die Schatten der Nacht
Einige Noten zu den neuen Bildern von Squaw Rose

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Squaw Rose benutzt in ihren Bildern die blauwertige Farbe um einen Eindruck von Unverhülltheit zu erzielen. Die Bilder geben eine Transparenz der Flächenschich-
tungen, die einen Raumeindruck suggestiv entstehen lassen. Die Beleuchtung ist durchgängig unklar.
Es fehlt eine eindeutige Lichtquelle. Sichtbar ist ein transparenter, atmosphärischer Raum, in dem jede angedeutete Figuration schwimmt.
Wenn ich den Raumbegriff thematisiere, dann stelle ich mir die Frage nach einer möglichen Beschreibung des Raumes in den Bildern von Squaw Rose. Der Raum ist aufgebaut aus einem Verhältnis von farbigem Tiefenraum und Figurationen innerhalb dieses Tiefenraumes.                                               weiterlesen / ausblenden

 

 

Hans-Jörg Schirmbeck
Squaw Hildegard Rose – Bilder

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Squaw Hildegard Rose gehört zu der Künstlergeneration, der sich in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine verwirrende Vielzahl von neu entwickelten künstlerischen Richtungen und gestalterischen Stilmitteln bot. Die Entwicklung der abstrakten Kunst, die ihren Triumphzug durch Europa und die USA nahm, gab auch ihr den Weg frei für Subjektivität und singulären Aktionismus, der diesen gesamten Kunstprozess bestimmte.
Die grundlegend veränderten Sicht- und Sehweisen der Künstler erschwerten, damals wie heute, die Seh- und Lesbarkeit dieser Bilder; das Fehlen des Ablesbaren, das sich Hineindenken in eine bildnerische Form, die Herausforderung der eigenen Fantasie, die Selbstbefragung und die Besinnung des Betrachters auf sich selbst in einer zunehmend medienorientierten Welt. Wer in den Werken Squaw Roses herkömmlich Wiederzuentdeckendes sucht, wird erfahrungslos bleiben. weiterlesen / ausblenden